Inhalt: Rezension: Zermürbender Sorgerechtsstreit in literarischer Ummantelung. (DR)
Thomas Hettche, Jahrgang 1964, langjähriger Juror des Ingeborg-Bachmann-Preises und bereits mehrfach ausgezeichneter deutscher Schriftsteller, beschäftigt sich in seinem neuesten Roman mit dem Thema unehelicher Kinder und der konfliktreichen Situation zwischen den beiden getrennt lebenden Elternteilen. Im Mittelpunkt der Erzählung steht der Verlagsvertreter Peter, der mit seiner 13-jährigen Tochter Annika über Silvester einen Kurzurlaub bei Bekannten auf der Insel Sylt verbringt. In allen Details werden die nervenaufreibenden Machtkämpfe geschildert, die der sorgerechtslose Vater mit Annikas Mutter Ines ausfechten muss, welche ein "normales" Vater-Sein verhindern und die ohnehin schon fragile Beziehung zur Tochter permanent vergiften. Die Hilflosigkeit des Vaters angesichts seiner Rechtlosigkeit, sein dadurch geschürter Hass auf die Kindesmutter verhindern auch während des Silvesterurlaubes eine wirkliche Annäherung an die Lebenswelt der 13-jährigen, kulminieren in einer Ohrfeige in einem Sylter Nobelrestaurant und lassen sowohl Vater als auch Tochter frustriert alleine zurück.
Die Aussparung einer Objektivierung der Sichtweise dieses Sorgerechtsfalles scheint vom Autor bewusst gewählt, zu subjektiv lässt er seinen gequälten Vater und Ich-Erzähler über die Situation jammern und die Mutter verdammen. Die grobe Schwarz-Weiß-Malerei (hier der von Schuldgefühlen zerfressene, sich abmühende Vater, dort die drogenaffine unberechenbare Hippie-Mutter) scheint beabsichtigt, selbst wenn diese mitunter stellenweise ermüdend und langweilig auf die Leserinnen wirkt. Fazit: Lesenswerte zeitaktuelle und realitätsnahe deutsche Literatur, die es nicht umsonst auf die Longlist des Deutschen Buchpreises geschafft hat.
*bn* Barbara Tumfart Quelle: bn.bibliotheksnachrichten Systematik: Roman Umfang: 223 S. Standort: Roman Hett ISBN: 978-3-462-04187-3
Inhalt: Borro-Rezension Trauer in Arkadien: Thomas Hettches Roman über merkwürdige "Königskinder", die zusammen nicht kommen konnten. Thomas Hettche gilt als ein Autor, der populäre Stoffe intellektuell verpackt, zu klug, sagen manche, um ein richtig spannender Erzähler zu werden. Der neue Roman "Pfaueninsel", auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2014 nominiert, belehrt uns des Gegenteils. Hettche entführt den Leser auf die kleine Havel-Insel bei Potsdam, eine Enklave, in der sich ein märchenhaftes Paradies entfaltet mit Löwen, Kängurus, exotischen Pflanzen, Königen und Zwergen. Im Kern des Geschehens steht das Liebesdreieck zwischen Christian und dem Schlossfräulein Marie - beides Kleinwüchsige - und dem Neffen des Hofgärtners Gustav. Zugleich geht es um den radikalen Wandel der späthöfischen zur frühmodernen Gesellschaft, um Industrialisierung, um die Beschleunigung der Erfahrung, um Integration und Monstrosität (das "Schauerwort", das uns durch den Roman begleitet), um Fragmente einer modernen Sprache der Liebe, die vor allem von Marie ausgeht, der die Sympathie des Erzählers gehört. Hettche schreibt in einem teils märchenhaften, teils historisierenden Stil, eine Mischung, die aufgeht und den Leser mit aparten Miniaturen über das Leben im langen 19. Jh. belohnt. Ein Liebesroman, ein historischer Roman, eine verwunschene Erzählung aus einer fernen Welt, sehr empfehlenswerte Lektüre. Michael Braun Schlagworte:Belletristische Darstellung, Geschichte, Pfaueninsel Berlin Systematik: Roman Umfang: 343 S. : Ill. Standort: Roman Hett ISBN: 978-3-462-04599-4
Inhalt: BAYERN IM BUCH-REZENSION Eine Künstlerfamilien-Story aus Hitler-Deutschland und der Nachkriegszeit, zugleich ein Stück bayerischer Theatergeschichte. In Corona-Zeiten sind Romane wie dieser, der die Kraft der Kunst, hier: des Theaters, feiert, wichtiger denn je. Puppentheater sei "noch mehr Theater als Menschentheater". Davon war der Augsburger Schauspieler Walter Oehmichen überzeugt. Für Kriegskameraden hatte er ein Marionettentheater, den klapperigen Tod im Lazarett, geschaffen. Mit Frau und Töchtern, vor allem mit der spiel-begeisterten und künstlerisch geschickten Hatü, spielte er bis zur Augsburger Bombennacht 1944 öffentlich. Eine die ruinöse Zeit verkörpernde Holzkiste der Deutschen Reichsbahn ("in sie sperren wir alles ein, was war ...") stand am Start. Wie alles begann, war und weiterging, wie sich aus dem "Puppenschrein" die "Augsburger Puppenkiste" schälte - davon erzählt, poetisch und mit einem Mix aus Fakten und Fiktionen, der Autor zweigleisig: in Blaudruck die spannende, auch rührselige Geschichte der heute weltweit, besonders ab 1961 mit "Jim Knopf" übers Fernsehen bekannt gewordenen Kultur-Institution, in Rotdruck eine atmosphärisch dichte Begegnung eines 12-jährigen Mädchens mit Hatü im Dunkel des Augsburger Theaterchens. - Breit empfohlen. Hans Gärtner Systematik: Roman Umfang: 279 Seiten : Illustrationen Standort: Roman Hett ISBN: 978-3-462-05256-5
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